Spielend führen und Verkaufen – Spielvoraussetzungen für ein erfolgreiches Spiel

Möchten Sie mit Ihrem Team mehr und besser verkaufen? Wenn ja, sind Sie als Vorgesetzter gefordert. Ich stelle oft fest, dass Unternehmungen gute Produkte und die richtige Strategie haben. Das Problem liegt vielfach in der Umsetzung mit den Mitarbeitern, deren Stärken oft nicht zum Tragen kommen.
Es funktioniert nur mit Ihren Mitarbeitern – nicht gegen Sie!
Ab morgen wird auch bei Ihnen im Unternehmen gespielt?! Wunderbar, doch Spielfreude lässt sich nicht einfach verordnen. Die Aufforderung, „Sei spielerisch!“ ist ungefähr so sinnvoll wie der Appell, jetzt bitte mal ganz spontan zu sein. Worauf kommt es an, wenn Sie Ihre Mitarbeiter erfolgreich zum Spielen verleiten wollen?
Spielfreude gedeiht nur im richtigen Unternehmensklima
Spielen bedeutet, Neues auszuprobieren, etwas zu wagen, sich als Person zu exponieren. Dafür braucht es Mut und ein fröhliches Herz, und beides setzt eine Atmosphäre gegenseitigen Vertrauens voraus. Ein Mitarbeiter, der sich gegängelt fühlt, wenig Wertschätzung erfährt oder gar Angst um seinen Arbeitsplatz hat, wird kaum Lust aufs Spielen haben. Für Service und Verkauf ist ein vergiftetes Klima verheerend, denn Mitarbeiter behandeln ihre Kunden exakt so, wie sie selbst im Unternehmen behandelt werden. Wahrscheinlich haben Sie selbst schon einmal irgendwo eingekauft, wo die Atmosphäre merkwürdig eisig ist und jedes Lächeln wie eingefroren wirkt. Keine Serviceschulung der Welt kann echte Freundlichkeit herbeizaubern, wenn die Grundlagen dafür fehlen. Daraus ergibt sich zwingend:
Gute Führung, gutes Klima
Der Schlüssel zu einem guten Unternehmensklima, das von Vertrauen, Wertschätzung und Engagement geprägt ist, ist gute Führung. Sie wissen ja, der Fisch stinkt immer vom Kopf! Was der Volksmund mit diesem Spruch auf den Punkt bringt, bestätigen die Forscher des renommierten Gallup-Institutes, deren „Engagementindex“ jährlich mit erschreckenden Zahlen aufwartet. Die Gallup-Experten melden nicht nur hohe Zahlen von Mitarbeitern, denen ihre Arbeit gleichgültig ist oder die sogar innerlich gekündigt haben, sondern sie sind auch den Ursachen dafür auf den Grund gegangen. Ein Fazit ihrer Studien lautet, dass „Mitarbeiter nicht Unternehmen verlassen, sondern Vorgesetzte“.
Führen ist mehr als Aufgaben verteilen und Ergebnisse kontrollieren. Viel zu viele Führungskräfte führen in Wirklichkeit nicht Mitarbeiter, sondern sie managen Aufgaben. Doch erfolgreiche Führung ist, genau wie Verkaufen, in erster Linie Emotionsmanagement. Damit meine ich keineswegs Kuschelkurs und Konfliktscheu, sondern die Schaffung von Rahmenbedingungen, unter denen die meisten Menschen mit Freude zur Arbeit kommen. Dazu muss es klare Spielregeln im Unternehmen geben, die jeder kennt, und gleichzeitig befriedigende Spielräume, die dem Einzelnen die Möglichkeit geben zu zeigen, was in ihm steckt. Nur wer weiss, was gespielt wird, kann Verantwortung übernehmen. Und nur wer nicht ständig gegängelt wird, wird Eigeninitiative entwickeln.
Wenn ich in meinen Seminaren und Workshops die Teilnehmer frage, was sie motiviert, fallen immer wieder Stichworte wie die folgenden. Vielleicht prüfen Sie im Geiste mal, wie es damit in Ihrer Abteilung bestellt ist:
- Verantwortung
- Mit- und Selbstbestimmung
- Eigene Ideen einbringen
- Wahlmöglichkeiten
- Feedback (Lob und Tadel)
- Anerkennung und Wertschätzung (beruflich und persönlich)
- Konsequentes Handeln
- Eingehaltene Versprechen
- Regelmässiger Informationsfluss / Ziele
- Transparenz
- Vertrauen
- Klarheit
- Ehrlichkeit
- Zuverlässigkeit
- Berechenbarkeit
- Respekt
- Humor
- Wissen (Fertigkeiten und Training)
Kluge Vorgesetzte wissen das und sorgen für ein gutes Arbeitsumfeld. Das zahlt sich aus! Spielen ist (auch) Chefsache. „Vorbild“ ist ein wichtiges Stichwort: Wer möchte, dass seine Mitarbeiter sich trauen zu spielen, geht am besten mit gutem Beispiel voran. Nein, ich verkaufe Ihnen hier nicht graue Theorie, sondern eigene Erfahrungen. Ich habe für einige Jahre mit meiner Frau einen Tankstellenshop in St. Gallen geführt und dort die Zahl der Kunden innerhalb eines Jahres um 40 Prozent und binnen fünf Jahren um 100 Prozent gesteigert. Im gleichen Zeitraum verdreifachte sich der Umsatz. Wenn das bei einer Tankstelle funktioniert, in einem hart umkämpften Markt und bei einem austauschbaren Produkt, dann funktioniert es auch bei Ihnen!
Mein Team und ich erreichten das nicht durch spektakuläre Rabatte, sondern durch zahlreiche kleine Serviceverbesserungen. Wer einen Karton Bier kaufte, erhielt das Angebot, diesen gegen einen gekühlten auszutauschen. Wer einen Lottoschein ausfüllte, bekam einen kleinen Glückskäfer aus Schokolade dazu. Wer eine Flasche Wein mit Kork erwischt hatte, erhielt nicht nur Ersatz, sondern durfte sich aus dem gesamten Sortiment eine neue Flasche aussuchen. (Ich ahne, was Sie jetzt denken. Nein, das wird nicht schamlos ausgenutzt, sondern begeistert weitererzählt.)
Wir sprachen unsere Kunden mit Namen an und machten kleine Scherze. Dazu braucht man die richtigen Mitarbeiter, sicher. Vielen Menschen muss man aber nur die Freiheit geben und mit eigenem Beispiel vorangehen, um zu zeigen, dass es einem wirklich ernst ist. 08/15-Servicesätze musste bei uns niemand auswendig lernen; jeder sollte seine eigene Persönlichkeit einbringen. Einführung der neuen Mitarbeiter war Chefsache, und ich stand regelmässig auch selbst an der Kasse. Wer mich kennt, weiss, dass ich für humorvolle Sprüche und einen Lacher immer zu haben bin. So trauten sich auch die Mitarbeiter aus der Deckung und entwickelten selbst spielerische Service-Ideen, etwa die mit dem Glückskäfer.
Wie sich die Geschäftsführung verhält, prägt ein Unternehmen – im negativen wie im positiven Sinne. Das gilt nicht nur in kleinen Shops, sondern es funktioniert auch im Mittelstand und im Konzern. Das Grand Casino Baden beispielsweise hat sich innerhalb von zehn Jahren den Spitzenplatz unter den Schweizer Casinos erobert und wurde mit dem Swiss Excellence Award ESPRIX für „Nutzen für Kunden schaffen“ ausgezeichnet. Kernsatz des Leitbildes ist: „Wir vermitteln spielerische Lebensfreude in einer Atmosphäre voller Spass, Spannung und Entspannung“. Dazu tragen alle bei, vom CEO Detlef Brose bis zum Servicemitarbeiter– etwa, wenn bei „Fish!“-Workshops gemeinsam überlegt wird, wie man die Philosophie des Pike Place-Market intern und extern am besten umsetzen kann.
Wie Sie eine spielfreudige Unternehmenskultur schaffen
Kinder muss man nicht auffordern zu spielen. Man muss ihnen nur den Raum dafür geben. Erwachsene haben das Spielen oft verlernt. Je starrer, humorfeindlicher oder sogar vergifteter ein Klima ist, desto schwieriger ist es, die Spielfreude wieder zu wecken. Manche von Ihnen werden das „Fish!“-Buch von Stephen C. Lundin gelesen haben, in dem die Fabel von Mary Jane erzählt wird, der in einem Finanzdienstleistungsunternehmen die Leitung der Abteilung „Interne Abwicklung“ übertragen wird. Die ist im Haus als „Giftmülldeponie“ verschrien und für schlechten Service und Kundenunfreundlichkeit bekannt. Der neuen Leiterin gelingt es tatsächlich, das Klima zu drehen, indem Sie ein Bewusstsein dafür schafft, dass alle davon profitieren, wenn mit Freude und Engagement gearbeitet wird. Das Buch war ein Weltbestseller.
Wenn Sie wirklich mehr Spielfreude und damit einen echten Kulturwandel im Unternehmen wollen, helfen die folgenden Massnahmen.
Schlagen Sie ein neues Kapitel auf
Sagen Sie offen, was Sie vorhaben. Diskutieren Sie mit Ihren Mitarbeitern über Ihre Pläne und geben Sie einen unüberhörbaren Startschuss. Ideal ist ein Kick-off-Workshop, der anders ist als alle bisherigen Seminare, spielerischer, bunter! Lachen soll nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich erwünscht sein! Wenn Sie keine Ahnung haben, wie Sie das anstellen sollen: Sie wissen ja, wo Sie mich finden! ;-)).
Beziehen Sie Ihre Mitarbeiter mit ein
„Betroffene zu Beteiligten machen“ ist ein bewährter Grundsatz der Organisationsentwicklung. Was par ordre du mufti von oben verordnet ist, wird gern bekrittelt und ausgebremst. Was ich dagegen selbst mitentschieden und beeinflusst habe, setze ich viel eher um. Die „Sales Pirates“-Metapher funktionierte auch deswegen so gut, weil sie von den Mitarbeitern entwickelt wurde und viele die Geschichte spontan lustig fanden. Hätte „Ice Age“ eine grössere Anhängerschaft gehabt, hätte auch das funktioniert – schliesslich gleicht der scharfe Wettbewerb in der Telekommunikationsbranche durchaus einer Eiszeit, die man in einer Gruppe von Kumpeln besser übersteht.
Lassen Sie Worten Taten folgen
Definieren Sie Leitplanken und gewähren Sie Freiräume. Auch in spielerischen Unternehmen darf nicht jeder machen, was er will. Wie in jedem Spiel gibt es Regeln, und wie in jedem guten Spiel sollten diese Regeln für alle klar und unmissverständlich sein. Es lohnt sich, diesen Kodex gemeinsam zu erarbeiten und schriftlich niederzulegen wie jede übliche Spielanleitung. Damit meine ich nicht gut gemeinte Leitbilder, die den „Mitarbeiter in den Mittelpunkt“ stellen und vage „offene Kommunikation“ geloben, sondern ganz pragmatische Vereinbarungen: Wie handhaben wir die Arbeitszeit? Wie schnell reagieren wir auf Telefonate? Wie und wann planen wir spielerische Organisationen? Wie entscheiden wir, was umgesetzt wird? Testen wir Spielideen vorab und wenn ja, wie? Wie behandeln wir Reklamationen? Wie hoch ist der Entscheidungsspielraum der Mitarbeiter, die Summe über die sie beispielsweise bei Kundenbeschwerden selbst entscheiden können? Wenn Sie Vertrauen gewinnen wollen, müssen Sie auch Vertrauen schenken.
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